In Bayern hat die Weiterentwicklung der Strafverfolgung nach konservativer Lesart schon seltsame Blüten getrieben: Die Lederhosen-Bullen nutzen dort eine Software, die feuchte Träume der Scientologen erinnert, die Tom Cruise als “aktiver Thetan” in seinem Film “Minority Report” gezeigt hat.
Ist die Polizei vom Scientology-Virus angesteckt?
Mit der Software “Precob”, über die wir vor einem Monat schon berichtet haben, sollen Verbrechen vorhergesagt werden. Da man wohl keine medial entsprechend begabten Menschen wie in dem Film zur Hand hatte – und das war schon ein ziemlicher Humbug – musste eben diese “Predictive Policing Software” Precob dafür herhalten, was die Grenze zum Schwachsinn schon weit überschritten hat.
Zunächst sah die bayrische Spökenkiekerei aber nur nach einem selten dämlichen Experiment auf Staatskosten aus, das man sofort beenden und falls noch Mittel aus dem Projekt übrig sind, diese zur Weihnachtszeit an Bedürftige verteilen sollte, bevor die Maschine die Lederhosen-Cops selbst jagt – genau wie Tom Cruise in seinem Film.
Es geht wieder ums Bespitzeln der Bürger durch die Politik
Im Zusammenhang mit der Übernahme dieser Software durch die Berliner und die nordrhein-westfälische Polizei zeigt sich aber ein anderer, nicht wirklich lustiger Aspekt der Angelegenheit.
Denn die Basis der Spökenkiekerei sind ganz reale Daten der deutschen Bürger, die die Beamten benutzen wollen, um durch Big Data-Verfahren herauszufinden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass an einem bestimmten Ort eine bestimmte kriminelle Tat passiert.
Unser letztes verbliebenes Grundrecht ist zu tun und zu lassen, was wir sollen…
Das ist es, worum es den datengeilen Politikern dabei wirklich geht. Es heißt zwar in hastigen Erklärungen, man verwende nur vorher anonymisierte Daten, aber wenn man verfolgt hat, wie sich sowohl CDU/CSU als auch SPD bemühen, überall unsere Daten abzuzapfen, sei es bei der pseudo-“sicheren” DE-Mail oder beim Anzapfen des Internet-Knotens DE-CIX in Frankfurt, weiß man sicher, dass diese Grundrechtsverletzer schnell eine faule Begründung finden werden, personenbezogene Daten zu nutzen – und wenn es der “Kampf gegen die Russen” ist.
Das ist wie bei der Maut, da wurde heute auch bekannt, dass auch Deutsche in Zukunft diese neue Steuer bezahlen müssen, und zwar von dem Moment an, wo sie zum ersten Mal erhöht wird.
Auf den Punkt brachte es Dieter Schürmann in einem Fachvortrag über Predictive Policing. Der Mann ist Landeskriminaldirektor beim Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen. Im Behördenspiegel berichtete er von einem geplanten Pilotprojekt der Polizei in NRW:
“Stellen wir in einem Ort das gleichzeitige Aufkommen ausländischer Transportfahrzeuge und die Verwendung ebenso ausländischer Telefonkarten fest, und das in regionalen Bereichen, die sich für mobile Einbruchstäter aufgrund ihrer Lage, etwa in Grenznähe oder Nähe der Autobahn, besonders eignen, sollte man aufmerksam werden”, erläuterte Schürmann.
Deutsche Polizei lernt den Datenmissbrauch bei NSA und GCHQ
Von wem haben die inzwischen schon drei Bundesländer es gelernt? Natürlich von den Briten und den Amis, die solche Software unter anderem für Voraussagen bezüglich der möglichen Rückfälligkeit von Straftätern einsetzen. Und selbstverständlich werden dabei nicht anonymisierte Personendaten eingesetzt – anders funktioniert das ja auch nicht.